Nach oben
Eric D. Lippmann

Coaching: Angewandte Psychologie für die Beratungspraxis. Auflage: 3., überarb. u. erw. Aufl.

Rezension von Günther Mohr

4 Min.

In der dritten Auflage zum Buch zeigt sich Lippmann als einen Bewunderer der Konzepte und Ausrichtung von Gunther Schmidt, der auch das Vorwort zur ersten Auflage geschrieben hatte. Konzepte und Perspektiven, die Schmidt gerne nutzt, spielen in seinem Grundlagenartikel zu einem „systemisch-lösungsorientierten Beratungsansatz“ eine große Rolle. Bereits in der Definition des Coachings wird dabei die Vielfalt des hier vorgelegten Ansatzes deutlich:

„Coaching ist eine professionelle Form individueller Beratung im beruflichen Kontext

  • mit Fokus auf das Spannungsfeld Person-Rolle(n)-Organisation,
  • in der vom Kundensystem definierte Anliegen heraus- bzw. bearbeitet werden,
  • in der entsprechende Ziele definiert werden, für und bei deren Erreichung das Kundensystem generell darin unterstützt wird, z.B.
    • den Prozess einer im entsprechenden Kontext „zieldienlichen“ Rollenübernahme optimal zu gestalten,
    • vor intendierten Handlungen die „Zieldienlichkeit“ der vermuteten Auswirkungen zu überprüfen,
    • einen optimalen Umgang im jeweiligen nicht trivialen, komplexen System zu finden,

  • auf der Basis einer tragfähigen, kooperativen, für beide Seiten sinnhaft und „zieldienlich“ erlebten Beratungsbeziehung,
  • in einem (meist durch Verträge) definierten Setting, durch einen Berater mit für die Anliegen erforderlichen Beratungs-, evtl. Sach- und Feldkompetenzen,
  • mit einem Berater, der auf der Basis eines Coachingkonzepts agiert, das den, die eigene Rolle und das jeweilige Vorgehen transparent und „zieldienlich“ gestaltet.“ (S. 23)

Nach der einleitenden Definition von Coaching setzt das Grundlagenbuch fort mit einer Unterscheidung von psychodynamisch fundiertem Coaching und einem gestalttherapeutischem Bezug. Dabei wird deutlich, dass Coaching immer noch schulen-orientiert gesehen wird. Auch das Zürcher Ressourcen Modell stellt einen Grundlagenbeitrag. 27 weitere Autoren unterstützen Lippmann dann in dem von ihm herausgegebenen Buch mit einer großen Reichhaltigkeit von Inhalten. Der Untertitel „Angewandte Psychologie für die Beratungspraxis“ wird sogar ein wenig übertroffen, indem durchaus andere Perspektiven als die der Psychologie – wie könnte es im Coaching auch anders sein – mit einfließen. 

Nach der Betrachtung von verschiedenen Settings des Coachings bilden bestimmte Zielgruppen sowie spezielle Anwendungsfelder von Coaching die Schwerpunkte des Buches. Darin wird eine große Bandbreite und Vielfalt deutlich. Verschiedene Hierarchieebenen, spezielle Adressaten wie Familienunternehmen, Projektleitende oder HR-Bereiche seien hier beispielhaft genannt. Auch Beiträge zum Beraten von Politikern oder im Sport, übertitelt mit „Man müsste sich Sisyphus als glücklichen Menschen vorstellen“, sind enthalten.

In den Anwendungsfeldern geht es um Coaching bei Change-Prozessen, zu Konflikten oder in Krisen. Genauso werden Laufbahnfragen, Diversity- und interkulturelle Themen sowie Gender-Problematiken behandelt. Kurze Fallbeispiele unterstützen den Inhalt in den einzelnen Kapiteln. So geben die Beiträge jeweils einen komprimierten Einblick für die jeweilige Fragestellung. 

Beispielhaft zum interkulturellen Thema wird Coaching mit Bezug zum Grundlagenmodell von Hofstede vermittelt. Die aus den aktuellen technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen resultierenden Herausforderungen sowohl inhaltlicher als auch methodologischer Art könnten in einem weiterführenden Band betrachtet werden. E-Coaching wird auch bereits behandelt; hier wird die Zukunft den Coaches noch einiges abverlangen. Astrid Schreyögg hat im Buch die Aufgabe übernommen, über die Zukunft des Coachings nachzudenken. Sie thematisiert besonders den Führungsbegriff und die Veränderungen der Organisationsformen und deren Auswirkungen auf Coaching. Nach dem Ausblick auf die weitere Entwicklung des Coachings endet das Buch mit einem Methodenkatalog und einer praktischen Hilfestellung bei der Suche und Auswahl des Coachs.

Für sehr viele Themen bekommt der interessierte Leser in diesem Buch einen ersten einordnenden Überblick. Viele Checklisten helfen dabei, wesentliche Aspekte nicht zu vergessen. Zur Auflockerung dienen von Zeit zu Zeit lustige Karikaturen und Cartoons, die die Aspekte des Coachings auf die Schippe nehmen. 

Fazit: Insgesamt legt Lippmann ein für die Anwendungen des Coachings gutes und sehr umfassend betrachtendes Buch vor. Wer Allgemeines und Spezielles sucht, wird in diesem Reader fündig. 

Günther Mohr

Hofheim
www.mohr-coaching.de