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Ulrike Weber, Johannes Moskaliuk, Malte Lömker

Chatbots im Coaching. Chancen im lösungs-fokussierten Coaching

Rezension von Björn Rohde-Liebenau

3 Min.

Video-Telefonie – der Flop auf der Internationalen Funkausstellung 1975. Online-Mediation – da fehlt doch alles, was Mediation ausmacht – 2002. Und 2021 – Chatbots als Verrat am Coaching? In der Tat hilft es, die Entwicklungen, Fehleinschätzungen und Erkenntnisse von mindestens zwei Generationen von Forschern und Praktikern in der hybriden Kommunikation zur Kenntnis zu nehmen, um sich dem Thema zu nähern. 

Malte Lömker, Ulrike Weber und Johannes Moskaliuk starten ihre Betrachtung in den 50er-Jahren, gehen aber schon im ersten Kapitel weit darüber hinaus, wenn sie uns etablierte Einsatzfelder von Chatbots im Shopping und im Gesundheitssektor vorstellen. Im zweiten Kapitel reißen sie zunächst den Coaching-Markt und Erfolgsfaktoren im Coaching auf der Basis der aktuellen Wirksamkeitsforschung an. Sie folgern, dass Chatbots heute im Rahmen von Coaching-Vorgesprächen und anderen schematischen Coaching-Formaten, vor allem aber im lösungsfokussierten Kurzzeit-Coaching eine besonders naheliegende Anwendung finden. Was Coaches daraus machen können bzw. worauf sie sich einstellen mögen, wird im letzten Kapital diskutiert.

Mit Bildern, Analogien und Hinweisen auf Bots in unserem Alltag bauen die Autoren Hürden und Ängste vor dem Thema ab. Leser erfahren, was Chatbots heute können, wo ihre Grenzen liegen und wie aufwendig ihre Entwicklung ist: keine Investition, die jeder von uns stemmen könnte.

Wie schon in der Online-Mediation wird ein gutes Verständnis für die Entstehung von Vertrauen, für Strukturierungsmöglichkeiten sowie für die individuell unterschiedlichen Wünsche nach einem geschützten Raum eine zentrale Rolle bei der Weiterentwicklung von Chatbots im Coaching spielen. Vielleicht erscheint es paradox oder furchterregend, dass Bots bei richtiger Erwartungssteuerung und transparenter Gestaltung zumindest ebenso leicht (aber anders) Vertrauen erwerben können wie Menschen. Denn dahinter stehen natürlich Menschen und deren Wissen. Einfache Coaching-Aufgaben (etwa eine Vorabklärung oder ein Gesundheits-Coaching) können Bots heute schon zuverlässig erledigen. Und manche Klienten mögen auf dieser Grundlage einen Chatbot auch für sonst vielleicht als peinlich empfundene Themen einem Menschen sogar vorziehen. Hierfür ist das Vertrauen in den Datenschutz des Systems eine wichtige Voraussetzung – und damit wohl auch das Vertrauen darauf, dass man es wirklich „nur“ mit einem Bot zu tun hat und nicht doch ein Mensch dahinter sitzt.

Fazit: Das schmale Buch bietet einen aktuellen Überblick über den Einsatz maschinengestützter Kommunikation in Sparten, Phasen und Teilbereichen des Coachings. Da viele von uns schon täglich Kontakt mit Chatbots haben, ist es keine mutige Prognose, dass Chatbots ihren Platz im Coaching einnehmen und behalten werden.

Björn Rohde-Liebenau

Ombudsmann, Mediator und Coach
RCC@risk-communication.de