Stefanie Demann

30 Minuten Selbstcoaching. Offenbach: GABAL.

Rezension von Anne Rocholl

3 Min.

Dieses kleine Büchlein lädt ein auf einen kurzen Ausflug in eine sehr strukturierte, extrem komprimierte Einführung in das Thema Selbst-Coaching. Die im Buchtitel angegebenen 30 Minuten reichen zum Durchlesen der fünf Kapitel vollkommen aus. Wer allerdings die ein oder andere der vorgeschlagenen Übungen zur lebensändernden Richtungskorrektur machen möchte, sollte etwas mehr Zeit einplanen.
Die Autorin holt den Leser dort ab, wo er beim Griff zum Selbst-Coaching-Ratgeber vermutlich steht: Dem "Gefühl, etwas unternehmen zu müssen". So beginnt das Heftchen mit einer kurzen Selbstinventur, die anhand einer Bilanz aufzeigt, wo der aktuelle Handlungsbedarf am Größten ist. Demann versucht, die Themen immer wieder mit Beispielen lebendiger zu machen. Dabei scheint sie sich jedoch teilweise an einer Art Übermensch zu orientieren, der sich bei der Frage, auf welche Leistungen er in seinem Leben stolz sein könnte zwischen der Beförderung in der Probezeit, erfolgreichem Berufsleben mit drei Kindern oder einer Buchveröffentlichung zu entscheiden hat. Auf den durchschnittlichen Leser könnten solche Beispiele eher demotivierend wirken und es wäre schön gewesen, wenn der Autorin auch ein paar normalsterbliche Taten eingefallen wären, auf die man stolz sein kann.
Den Blick geschärft für die persönlichen Energieräuber, geht es im zweiten Kapitel darum herauszufinden, wie man in die aktuelle Lage gekommen ist. Anhand verpasster Chancen und vergangener Träume zeigt sie, wo die Sehnsucht schimmert, und hilft dem Leser, sich selbst besser zu verstehen. So gewappnet geht es im nächsten Teil um die Kernfrage: Wo will ich hin? Von den ganz großen Lebensthemen und einer allgemeinen Vision geht es zu konkreten Zielen, die sich an den eigenen Stärken orientieren. Bevor die Freude darüber zu wissen, wo die Reise hingehen soll, in selbstzufriedene Heiterkeit umschlagen kann, ist man schon im vierten Kapitel und wird zu handfesten Taten angeleitet. Abschließend hilft ein Kapitel zur Erfolgskontrolle zu erkennen, ob und wann man seine Ziele erreicht hat. Bei diesem schnellen Ritt durch die Grundpfeiler des
Selbst-Coachings (und gewissermaßen auch durchs eigene Leben) möchte man gleich loslegen und im Galopp das ganze Leben umkrempeln. Leider ist der reale Prozess etwas schwieriger und komplexer als 30 Minuten Selbst-Coaching.
Demann zeigt immer wieder Verständnis für die kleinen und großen Schwächen des Alltags. Wir haben unser Leben bisher größtenteils aus der Hand gegeben und uns mit der passiven Jammerposition begnügt? "Wunderbar!" Denn dann können wir es ab jetzt anders machen. Wir verzetteln uns täglich in Kleinigkeiten und haben am Ende des Tages das Gefühl, nichts wirklich geschafft zu haben? "Kein Wunder!" Denn wie auch, wenn wir nicht wissen, was unser Ziel ist? Die gespürte Akzeptanz der aktuellen Schwäche macht Mut und gibt Kraft.
Das ganze Buch ist sehr klar strukturiert. Eine knappe Einleitung zum Beginn jeden Kapitels bereitet mit passenden Fragen auf den kommenden Inhalt vor. Wichtige Informationen sind blau und jeder Abschnitt endet mit einer Zusammenfassung, welche durch ein Uhrsymbol gekennzeichnet ist. Leider sind diese Zusammenfassungen so allgemein gehalten, dass ganz eilige Leser daraus in etwa soviel entnehmen können wie dem Satz: "Ändern Sie was!"
Fazit: Demann gelingt es, mit wenigen Worten viel zu sagen. Die 30 Minuten sind für jeden, der auf der Suche nach einem Neuanfang ist, gut investiert. Wer allerdings erwartet, auf 80 Din-A6 Seiten alles zu erfahren, was es zum Thema Selbst-Coaching zu sagen gibt, wird enttäuscht sein - viele Themen werden nur angerissen und bedürfen bei wirklichem Interesse einer ergänzenden Lektüre.

Anne Rocholl

Berlin
anne.rocholl@web.de
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