Mathis Wissemann

Wirksames Coaching. Eine Anleitung. Bern: Huber.

Rezension von Petra Jagow

3 Min.

Das ist ein gutes Buch für Coachs - wissenschaftlich fundiert, gut strukturiert und sinnvoll aufgebaut. Seine beste Qualität macht dabei aus, dass es beim Lesen den Coach selbst wie im Rahmen eines Coaching-Prozesses Schritt für Schritt durch Themen, Aufgabenstellungen und lösungsorientierte Ansatzmöglichkeiten führt.
Damit kann sich auch jeder andere interessierte Leser ein umfassendes Bild vom Coaching als ziel- und damit erfolgsorientiertem Beratungsangebot machen. Den größten Gewinn wird dabei jedoch jemand haben, der bereits in Ansätzen über eigene Erfahrungen als Coach verfügt. Wer schon länger in diesem Feld arbeitet, der bekommt nochmals eine Fundierung und Reflexion bestimmter, bereits selbstverständlich gewordener Vorgehensweisen geboten.
Anders als in vielen anderen Werken verschwendet der Autor hier keine Zeit mit überzogener Selbstdarstellung oder der Lobpreisung allein selig machender Methoden. Es geht ihm sehr konsequent um die Präsentation eines funktionierenden Beratungsangebotes, mit dem der Klient aus der individuellen Ausgangslage heraus Ziele definieren und im Anschluss auch konkret erreichen kann.
Jeder der einzelnen Punkte wird zunächst bezüglich seiner Relevanz nachvollziehbar erläutert, darauf folgt eine Sichtung der vorhandenen wissenschaftlichen Grundlagen und sonstiger Forschung. Deren Ergebnisse werden ob ihrer Brauchbarkeit und Praktikabilität für das Coaching überprüft und - falls plausibel - modellhaft dargestellt. Auch wer kein Freund von schematischen Schaubildern ist, kann so auf einen Blick erfassen, welche Aspekte wie miteinander in Bezug gesetzt wurden. Somit einmal aufgegriffen und verankert, folgt eine Anreicherung mit gelegentlich eingestreuten Praxisbeispielen ergänzt durch methodische Instrumente für bestimmte Aspekte im laufenden Prozess. Relevante und nochmals verdichtete Informationen finden sich in grau hinterlegten Kästen extra ausgerückt, was beim schnellen Nachschlagen bei der Orientierung sicher hilfreich sein dürfte.
Selbst wer aus einer speziellen Schule, Richtung oder Ausbildung kommt, findet hier an denselben Stellen strukturell verwandte Hinweise. In der Intensivberatung spricht man von "Zuspitzung", wenn etwas so verdichtet und extremisiert werden soll, dass darüber etwas schwer Zugängliches deutlich werden kann. Hier wird Ähnliches vorgeschlagen: z. B. bei der Anwendung von "Trauerreden zur eigenen Beerdigung". Wer darf und soll dort reden? Und was möchte man über sich gesagt wissen? Eine notwendige und hilfreiche Zuspitzung bei Themen wie "Ziele für das eigene Leben", was damit bereits zu den äußerst anspruchsvollen Fragestellungen im Coaching gezählt werden darf.
Auch die Abfolge der Kapitel von "Begründung des Coachings nach Wirkfaktoren, Unterscheidung von Klärung und Problembewältigung, Ressourcenorientierung, Bedürfnisorientierung …" bis hin zu "Coaching zur Führung der eigenen Person, Methoden im Coaching und Ablauf eines Coaching-Prozesses" mit zusammenfassender Funktion und zusätzlich operativ-organisatorisch sinnvollen Details wirkt reiflich überlegt und baut Zug um Zug schlüssig aufeinander auf. So kommen wirklich alle möglichen Themen vor - mit stetig steigendem Schwierigkeitsgrad.
Insgesamt also eine durchgängig positive Rezension, was viel über den Autor und sein profundes Fachwissen sowie seine Bereitschaft zur verständlichen Vermittlung desselben aussagt. Dass es von der Tonality her leider etwas trocken bleibt, liegt am Gegenstand, der allerdings angemessen und anspruchsvoll aufbereitet wurde.
So ist die einzige Stelle, die wirklich zum Schmunzeln einlädt, ein Zitat ganz zu Beginn bezüglich der wissenschaftlichen Argumentation jenseits von Zielgruppen-Befragungen: "… haben Coachs einfach nach ihrer Meinung gefragt. In Abwandlung eines verbreiteten Sprichwortes kann man darauf verweisen, dass wenn man die Frösche befragt, wie eine schöne Landschaft aussieht, dabei immer ein Sumpf herauskommt."
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