Gerhard Lenz, Heiner Ellebracht, Gisela Osterhold

Vom Chef zum Coach: Der Weg zu einer neuen Führungskultur. Wiesbaden: Gabler.

Rezension von Thomas Webers

3 Min.

Der Slogan "Von der Führungskraft zum Coach" wird in letzter Zeit in Unternehmen zunehmend inflationär gebraucht: Während die einen geringschätzend "Händchenhalten" assoziieren und jedem anraten, der sich nicht ebenso resistent gegen Selbstkritik aufblasen kann oder mag wie sie selber, übertreiben die anderen, indem sie sich "qua Amt", als Führungskraft, zum "Hobby-Psychologen" erklären und aufspielen.



Coaching ist allerdings - auch jenseits des professionellen Rahmens eines Einzel-Coachings - eine weit anspruchsvollere Methode. Bezieht man es auf Führung bedeutet es, dass die Chefinnen und Chefs in der Wahrnehmung ihrer Führungsaufgaben und in der täglichen Arbeit den Umgang mit ihren Kolleginnen und Kollegen so gestalten, dass diese ihre Potenziale erkennen, erweitern und somit ihre Leistungsfähigkeit erhöhen können: Es geht um eine neue Führungskultur. Weg von der Vorstellung, ein Unternehmen sei eine Maschine, die man völlig kontrollieren und steuern könnte, hin zur Idee eines sozialen Organismus, der sich selbst organisiert, dem man aber durch "gute Impulse" und eine förderliche Kontextsteuerung managen kann.



Und dies ist natürlich ein löblicher Ansatz, den Mind-Set weg vom "General, Apparatschik, Obersachbearbeiter etc." hin zum "Coach, Trainer, Gärtner etc." zu lenken. Doch daran könnte auch deutlich werden, der Ansatz ist als Metapher zu verstehen. Vielleicht muss man das auch gar nicht so überkritisch ernst nehmen, das mit der Rolle "Chef als Coach", ob er das kann, darf oder soll. Wenn sich jemand auf den Weg macht, sein Führungsverständnis zu verändern in Richtung "Chef als Coach", dann sollte uns das zunächst einmal freuen. Kontraproduktiv wäre da der oberlehrerhafte Kommentar: Der ist, kann, darf doch gar kein richtiger Coach (sein)... Und in diesem Sinne sollte man die Ansprüche auch an dieses Buch nicht zu hoch stellen: Es ist ein Einsteiger-Buch.



Daher starten die Autoren auch mit Kapiteln zum Thema Führung sowie Führungskompetenz, um dann weiterzuleiten zur Frage, wie man mit Coaching die Führungskultur verändern kann. Es folgt ein längeres Kapitel zum Thema Methoden des systemischen Coachings, in dem sieben Grundtechniken vorgestellt werden. Wie man auch unter erschwerten Bedingungen - Stress, Krisen und Konflikte - erfolgreich sein kann, zeigt dann das fünfte Kapitel. Im sechsten, sehr kurzen Kapitel geht es um die Einführung einer Feedback-Kultur, und im siebten, ebenfalls sehr knapp gehaltenen um besondere Coaching-Formen (Selbst-Coaching et cetera). Hier hätte man sich doch mehr gewünscht. Das achte Kapitel "bindet dann den Sack zu" unter dem Stichwort "Leadership - Führungskompetenz in ihrer hohen Kunst". Als neuntes Kapitel wird ein Fallbeispiel vorgestellt: Die Veränderung der Führungskultur bei der Swisscom AG.



Das Schöne an diesem Buch ist, dass die Autoren nicht bloß von systemischen Management schwafeln, wie das leider häufig zu lesen ist, sondern dass sie ihr Konzept der Systemtheorie offen legen und anschaulich vermitteln. Dies dürfte bei etlichen Leserinnen und Lesern Aha-Effekte provozieren, so dass sich die Überzeugung bilden kann, Systemtheorie sei durchaus "von dieser Welt", sie sei sogar extrem praktisch. So kann sich eine neue Haltung entwickeln, eine veränderte Einstellung auch zu Führung, die als Dienstleistung verstanden wird.







Thomas Webers

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