Benjamin Schulz

Marketing Heroes never die! Zürich: Midas.

Rezension von Petra Jagow

6 Min.

Als Erstes fällt natürlich die bunte Aufmachung mit der optischen und sprachlichen Anlehnung an Comics ins Auge - genau die hat die Rezensentin, ihrerseits Anbieterin von Coaching-Dienstleistungen und zugleich Branding-Expertin für Klienten, angesprochen. Die Comic-Anmutung weckt Erwartungen: Es wird einfach, plakativ und dynamisch zur Sache gehen. Informationen so auf den Punkt gebracht, dass sie in einer handelsüblichen Sprechblase Platz finden …
Doch zunächst zum Thema: Heldenmarketing ist seit Beginn der Finanzkrise definitiv nicht mehr angesagt, seitdem gilt es vielmehr, "Codes of Truth" zu vermitteln. Wo bislang die Marke als Held (brand as a hero) aus dem Mittelmaß herausragen will, suchen Konsumenten inzwischen lieber Mittel zur Mäßigung, das zeigen etliche aktuelle Studien. Menschen möchten sich heute vor allen Dingen auf Marken verlassen können, dieser neue Trend steht völlig im Widerspruch zum ausgelobten und durch deklinierten Heldenauftritt dieses Buches.
Bei der Lektüre des Vorworts regt sich bereits Widerspruch: "Kohle" als zentrales Motiv des eigenen beruflichen Handelns - das kann und will die Rezensentin so platt nicht teilen. Gewinnmaximierung als blankes Prinzip ist eindeutig in die Kritik geraten. Ein darauf basiertes Ego-Marketing - gut sein und sich gut verkaufen - passt auch nicht zu der Positionierung der angesprochenen Berater-Zielgruppe, die als hochspezialisierte Dienstleister doch ihre Kunden in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken wollen und sollen - und nicht sich selbst.
Mit der Zusage, dass man das Maß eigener Verkaufsbemühungen im Weiteren ja selbst bestimmen kann, lässt sich jedoch leben - und damit geht es weiter im Text. Was wird dafür geboten? Es werden vier Helden eingeführt. Warum vier und gerade diese? Das erschließt sich nicht zwingend. Es ist schon klar, dass es bei einer erfolgreichen und dauerhaften Positionierung verschiedene Aspekte gibt, die von konkreten Figuren repräsentiert werden (können). Des Autors Wahl: Hero Idol, Hot Girl, Mr. Professional und Position Man.
Abgesehen vom nun eingewechselten Team macht Corporate Identity (CI) das Herzstück jeder erfolgreichen Positionierung aus, genau dazu wird im Buch aber diskret möglichst wenig preisgegeben, wie man an die nun genau herankommt oder sich diese schlüssig heraushebt. Als Schwäche muss dem Buch angelastet werden, dass nicht einmal exemplarisch vorgeführt wird, wie die Leitfragen zur Ermittlung derselben aussehen könnten. Noch kritischer ist der Umstand zu bewerten, dass CI und alles was folgt als gestaltbar dargestellt werden - die Coaching-Erfahrung ist vielmehr, dass das vorhandene Potenzial darüber entscheidet, was geht und was nicht. Und genau dafür gilt es, die bestmögliche Präsentation zu finden. Im Buch wird nur ausgeführt, was eine erfolgreiche Präsentation umfasst - das ist für einen Marketing-Guide ein bisschen wenig.
Bis Seite 40 also nichts Neues oder vielmehr: Alter Wein in neuen Schläuchen - lediglich durchgängig die comic-gemäße Aufforderung zur Action, die aber darauf hinausläuft, sich passende Experten - wie den Autor - nach stichhaltigen Kriterien zu suchen. Die Rezensentin ist ebenfalls sehr dafür, Profis für bestimmte, fachfremde Aufgabenbereiche zu buchen, aber um das zu erfahren, braucht man das Buch nicht zu kaufen oder zu lesen. Was genau man dann so braucht und mit dem passenden Profi zusammen entwickeln sollte, darum geht es im Folgenden - fachmännisch und prägnant erläutert. Aber leider ohne Beispiele, die einmal etwas nachvollziehbar illustrierten. Da haben andere Autoren mit plausiblen Beispielen von Logos, Fotos, Flyern und Websites aus ihrem Kundenkreis mehr geboten.
Wirklich interessant wird das Buch erst ab dem Kapital "Social Media". Zwar muss man nicht die uneingeschränkte Feststellung teilen, dass man als Anbieter im Markt dieses alles mitmachen muss, aber wenn man möchte, dann bekommt man einen guten Ein- und Überblick, was es gibt und wie das funktioniert. Ob man dafür allerdings Screenshots von Anbieter-Seiten abbilden muss, was vermutlich unter kostenlose Werbung für Xing, Facebook und Co. läuft, das sei dahingestellt. Andererseits ist wirklich alles dargestellt - bis hin zum Bewegt-Bild auf Youtube und eigenen Medienauftritten in Offline-Medien (Rundfunk und Fernsehen).
Doch damit nicht genug, es kommen noch weitere, eher klassische Möglichkeiten der gekonnten Selbstvermarktung zur Sprache als da wären - Seminare, Messe-Auftritte, Events und das Super-Tool - ein eigenes Buch. Für all das findet sich eine konkrete Beschreibung zur möglichen Vorgehensweise mit Do’s and Don’ts. Doch der Leserin drängt sich spätestens hier die Frage auf: Wann soll ich das alles machen? Gerade die Zielgruppe - Coaches, Trainer und Berater - arbeitet oft freiberuflich und selbstständig und nicht in größeren Unternehmenseinheiten. Der Einzelkämpfer auf weiter Flur hat aber weder das Budget noch die Zeit, soviel in das eigene Marketing zu investieren. Natürlich wird immer drauf verwiesen, die gekonnte Auswahl des Passenden mache den meisten Sinn. Doch dafür bekommt man nur den zarten Hinweis auf die schlüssig definierte CI in den vorderen Kapiteln geliefert. Ob und was tatsächlich für einen passt, mit dieser Frage bleibt der Leser weiter alleine.
Beim Kapitel "Cross Media" sind wir dann voll im Zeitalter der vernetzten digitalen Möglichkeiten angekommen. Der geneigte und leicht überforderte Leser erfährt jetzt, dass es sogar schon Tools gibt, um die Online-Aktivitäten möglichst effizient zu bündeln und zu steuern. Die Übersicht ist ausgesprochen informativ und aufschlussreich, selbst wenn man das nicht selber für sich nutzen wird. Und sei es auch nur deshalb, weil man eben keinen inhaltlich relevanten Content hat, um einen Newsletter oder Ähnliches permanent zu füttern.
Aus eigener Erfahrung - und der zahlreicher Kollegen - weiß die Rezensentin, wie Akquise für so persönliche Dienstleistungen wie Coaching, Training und Beratung tatsächlich und nach wie vor abläuft. Empfehlungsmanagement ist da ein relevantes Stichwort. Dazu findet sich leider nicht ein einziger Hinweis. Es kann durchaus sein, dass die Geschäfte der Zukunft und der wirkliche "BAM-Faktor" auf anderen Wegen zu erreichen sind, dann mag dieses Buch als interessante Anregung dienen, diese Wege zu beschreiten. Für das eher klassische Geschäft findet sich an entscheidenden Stellen zu wenig Input, um sich selber zu positionieren. Da fungiert das Buch eher als Briefing-Grundlage für die Auswahl passender Profis.
Und genau das ist abschließend die zentrale Kritik: Die Marketing-Ausführungen des Autors erscheinen eher als Werbeblock in eigener Sache: Ihn als einen herausragenden Dienstleister in seinem Bereich zu erleben. Aber Weniges ist inhaltlich tatsächlich neu und andersartig. Genau das hatte man aber aufgrund der ungewöhnlichen Aufmachung erwartet. Um es mit den Worten des Autors frei wiederzugeben - dieser Held trägt zwar kein Tütü, aber er ist nicht so strahlend und tatkräftig wie erwartet.
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