Manfred F. R. Kets de Vries, Konstantin Korotov, Elizabeth Florent-Treacy

Coach and Couch: The Psychology of Making Better Leaders. Basingstoke: Palgrave.

Rezension von Frank Taeger

3 Min.

Professor Dr. Kets de Vries gilt als ein Vordenker in der Coaching-Welt des Business. Sein Buch "Coach and Couch" beschäftigt sich mit dem Ansatz der klinischen Psychologie im Coaching. Der Leser erwartet viel, so werben die Autoren damit, eines der erfolgreichsten und innovativsten Führungskräfteentwicklungsprogramme der Welt zu leiten.
Das Buch teilt sich in fünf logische Einheiten, jeweils in einzelne Kapitel einzelner Autoren gegliedert. Es wird beim konzeptionellen Framework begonnen, es folgen Entwicklung und Design von Coaching-Programmen, wie man Coach werden sollte, der Coaching-Prozess und Coaching in Organisationen.
Das Framework des Buches ist gut fundiert, die Autoren geben einen Überblick über Schlüsselkonzepte des klinisch-psychodynamischen Ansatzes wie Übertragung, Gegenübertragung und Verteidigungsmechanismen. Der Leser wird in Gruppendynamiken, eine eigene Variante der Systemtheorie sowie die Bedeutung von 360°-Feedback eingeführt. Hier wird bereits deutlich, dass die Autoren eine sehr wirtschaftsnahe, in Prozesse eingebettete Strategie beschreiben. Denn, geht es um das Design der Programme, geht anscheinend nichts über INSEAD! Das Programm ist eben so, anders geht es nicht, scheint die Devise des Buchs zu sein. Es wird mehrfach daraufhin hin gewiesen, wie enttäuscht Firmen vorher mit Coaching gewesen wären, bevor sie den "heiligen Gral" des IGLC (INSEAD Global Leadership Centre) entdeckten, und dass solch ein Programm außerhalb einer Business-School unmöglich sei. Solche Aussagen erscheinen dem Leser besonders dann etwas arrogant, wenn er gleich mehrere Institute und Firmen mit sehr ähnlichen Designs kennt. Hier hätte sich der Rezensent etwas Zurückhaltung in der Diktion gewünscht.
Diese durchscheinende Arroganz ist etwas schade, denn das Buch an sich ist durchaus exzellent. Es kommen erfahrene Coachs sowie Klienten zu Wort. Dem Leser werden weniger Tools als Herangehensweisen und tieferes Verständnis der Prozesse im Coaching, Perspektiven aller Beteiligten und besonders wichtige Fähigkeiten, wie die Kunst des Zuhörens nahegelegt. Die Falle, in einem psychodynamischen Werk tief in analytische Vorgänge einzutauchen oder Grabenkämpfe zwischen psychologischen Schulen auszutragen, wird zum großen Teil umgangen und besonders dargelegt, inwieweit tiefe Analysen in der Geschäftswelt kaum nötig oder förderlich sind.
Aufgrund der teils dogmatisch zu nennenden Haltung ist das Buch wohl eher ungeeignet für jemanden, der ein Coaching-Programm von Grund auf aufbauen möchte, da es hier zu starr im System der Business-School integriert ist. Alles in allem ist "Coach and Couch" aber ein gutes Buch für Coachs. Es bietet eigene Perspektiven, fundierte Frameworks und sicher auch ein paar Aha-Momente sowie neue Betrachtungsweisen - eben auch für den erfahrenen Coach.

Frank Taeger

Change, Leadership & Partners, Köln
www.change-leadership.net
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